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3D-Betondruck: Schnell, unkompliziert und nachhaltig?

Derzeit befindet sich die Baubranche unter Druck: Materialpreissteigerungen und Lieferengpässe belasten das Gewerbe stark. Die Lösungen sind oftmals nur Sparmaßnahmen oder Effizienzsteigerungen. Und bei Letzteren könnte der 3D-Druck ins Spiel kommen – um genau zu sein, der Beton-3D-Druck. Dabei werden durch das automatisierte, schichtweiße Auftragen von Mörteln individuelle Bauelemente oder ganze Gebäude hergestellt. In der Praxis kommen bei Kunden stets ähnliche Fragen auf: Können gleich welcher Größe sämtliche Betonstrukturen ohne Schalung mit dem 3D-Betondrucker gefertigt werden? Gibt es dabei limitierende Faktoren? Diese und mehr beantworten wir in unserem Fachartikel.

Inhaltsverzeichnis

Modulaufbau, Baukastenprinzip und 3D-Druck

Gleich welche Druckerlösung am Ende ausgewählt wird, die Kernkomponenten und die Funktionalität aufgrund der Modulbauweise bleiben bestehen. Die Basis-Bestandteile des 3D-Betondruckers sind folglich:

  • X-Y-Z-Achsen (in Form eines Gerüsts)
  • Aggregat und/oder Generator
  • Pumpensystem
  • Betonmischer
  • Sprüh-/Druckkopf mit integrierter Kameratechnik
  • Bedienterminal
  • Betreibersoftware
  • Abdeckplane

→ Für unterschiedliche Anwendungsbereiche und Druckmaterialien können verschiedene Pumpsysteme und/oder Druckköpfe eingesetzt werden.

© dottedyeti – stock.adobe.com

Ablauf eines 3D-Betondrucks: Zeit, Kosten, Arbeitsaufwand

→ Kurz vorweg: 3D-Druck ist bislang eher ein Phänomen des Wohnungs- und nicht Industriebaus. Denn oftmals ist vor allem die Größe des Bauprojekts der begrenzende Faktor der Anwendbarkeit einer 3D-Betondrucklösung.

Nun zum Ablauf: Bei kleineren Betonbauteilen findet der Druck in Fertigungshallen statt. Bei Wohnhäusern gibt es darüber hinaus die witterungsabhängige Möglichkeit, das Ganze bereits an Ort und Stelle „gießen“ zu lassen. Dabei wird der Druckkopf innerhalb eines Gerüst über eine höhen- und seitenverstellbare Schienenkonstruktion gesteuert und mit einem additiven Extrusionsverfahren die „Tinte“ aka Zementmörtel schichtweise aufgetragen.

Beispiel: der „Bod2“ von Peri und Cobod

Um den modular aufgebauten Bod2-Druckers zu montieren und zu bedienen, reichen zwei Personen. Das Druckmaterial (Spezialmörtel oder –beton mit einer maximalen Körnung von 8 mm) wird dabei mit einer Frequenz von 20–25 cm/s verteilt. Das ergibt in der Folge eine Fertigungsdauer von etwa 5 Minuten für 1 m2 Hohlwand, wobei die Lagenhöhe und -breite je nach gewünschter Voreinstellung zwischen 1 und 3 cm sowie 3 und 10 cm variieren kann.

→ Die so entstandenen Wände sind mehrschalig und verfüllt – der Herstellungsprozess jedoch nicht auf eine Schalung angewiesen. Aufgrund dessen müssen bereits während des Druckvorgangs Hohlräume und Aussparungen für die Kabel und Leitungen berücksichtigt werden. Dafür ist der Verputz im Anschluss umso einfacher: Kommt die nächste Schicht aus dem Drucker, werden derartige Bauelemente automatisch fixiert und verputzt.

Die Größe eines auf diese Weise 3D-gedruckten Bauwerks ist in der Höhe und Breite stets abhängig von den entsprechenden Maßen des 3D-Betondruckers (beim Bod2 beträgt die mögliche Breite 15 m und die Höhe 10 m). Die Länge hingegen ist beliebig, da das Drucksystem schlicht einige Meter versetzt werden kann.

→ Der Auf- und Abbau des 3D-Betondruckers beträgt bei einer Musterkonfiguration von 12 m Breite, 17 m Länge und 8 m Höhe je 8 Stunden.

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Vorteile 3D-Betondruck

Vorteile 3D-Betondruck

Als erstes sticht der Zeitfaktor ins Auge, der vor allem bei Baustellenverzögerungen zum Kostentreiber werden kann. Bei dem Pilotprojekt von Peri und Cobod in Beckum dauerte der Bau des 160 qm2 großen Einfamilienhauses insgesamt 100 Stunden – das beinhaltet aber auch die Decken- und Dachelemente sowie die Haustechnik.

Laut Herstellerangeben sei es aber in 2023 bereits möglich, ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 100-120 qm2 innerhalb von 30 Stunden zu errichten – egal ob ein- oder zweistöckig.

→Zusätzliche Vorteile des Betondrucks sind:

  • BIM-Modelle oder CAD-Zeichnungen können über Slicer-Software direkt durch den Roboter umgesetzt werden.
  • Beteiligung weniger Gewerke (Stichwort: Lean Construction Management)
  • Schalungsarbeiten für die Bodenplatte entfallen.
  • Vermessungsaufwand auf der Baustelle wird reduziert.
  • Überhängende Bauteile sind auch möglich.
  • Weniger Beton aufgrund der Druckmörteltechnik (bis zu 50 Prozent im Vergleich zu herkömmlichen Bauarten)
  • Serienmäßige Sicherheitstechnik

Somit kann der 3D-Betondruck einen nicht unerheblichen Anteil für eine positive Klimabilanz bei energieeffizienten und ressourcenschonenden Neu- und Bestandsbauten liefern.

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Nachteile 3D-Betondruck

Neben genannten Vorteilen kann es aber auch Schwierigkeiten bei dem Betonbau aus dem 3D-Sprühkopf geben:

  • Zwar sind weniger Gewerke an dem Bauprojekt beteiligt, jedoch müssen z. B. Elektriker schnell und innerhalb eines bestimmten Zeitraums arbeiten können.
  • Existiert ein Fehler im Bauplan, wird dieser durch den 3D-Drucker nicht als Fehler erkannt, sondern schlicht fehlerhaft umgesetzt.
  • Momentan ist 3D-Betondruck im Schnitt etwas teurer als herkömmliche Bauweisen. Das liegt u. a. daran, dass noch kein flächendeckender Einsatz stattfindet und Primär- und Sekundärbaustoffe entsprechend teuer sind.
  • Bislang wird nicht oder nur sehr wenig auf RC-Baustoffe, bzw. RC-Beton zurückgegriffen

3D-Drucker in der Baubranche: Ist klimagerechtes Bauen mit diesem Trend vereinbar?

Die Antwort auf diese Frage wäre in puncto 3D-Betondruck momentan noch eher negativ zu benennen, obwohl er ressourcenschonender als herkömmliche Bauweisen ist. Dennoch sind die verwendeten Materialien bislang überwiegend negativ in ihrer CO2-Bilanz. Die Lösung für dieses Problem und die Forcierung von klimaangepasstem Bauen könnte aber in einer Kombination aus 3-Druck mit einem regenerativen, CO2-neutralen Baustoff liegen: Holz.

Die Herausforderung war bislang, dass das verwendete Holz derart kleinfaserig ausfallen musste, dass es viele der geschätzten Eigenschaften verlor (z. B. U-Wert und Stabilität). Hierauf folgten zwei Lösungsansätze:

  1. Die Entwicklung eines Holzgels durch ein schwedisches Forscherteam, das sich unproblematisch mit einem 3D-Verfahren verwenden lässt und gleichzeitig die thermischen und physikalischen Eigenschaften behält.
  2. Die gezielte Verwendung von Holznebenprodukten und –abfällen in Form eines Holz-Zellulosestaubs samt Lignin.

Auf beide Art und Weisen ist es nicht nur möglich, Holz im 3D-Druck zu verwenden, sondern darüber hinaus bislang unmögliche architektonische Formen und Muster zu erschaffen.

Fazit: Betondruck – ein Trend oder bereits Alltag?

Bislang beschränkt sich die Anwendung von 3D-Betondruck noch auf einzelne Bauprojekte. Die Grundvoraussetzungen um „the next big thing“ in der Baubranche zu sein, bringt er aber auf jeden Fall mit.

Sowohl für Endverbraucher als auch im Industriebau könnte der beschränkende Faktor bislang noch der Preis sein. Sobald dieser ein wenig nach unten korrigiert wird, werden 3D-gedruckte Häuser anfangen, die Stadtbilder mit ihren geschwungenen Linien zu prägen.

Quellen: „GEG Baupraxis 11/2021“, 3D Druck mit Holz – Ist das möglich? – 3D Activation DE (3d-activation.de)

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