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Bauforensik – wer ist der Übeltäter?

Langsam, aber stetig breitet sich ein Schatten über die Gewölbedecke aus. Schnell sind Großteile der Fälle betroffen. Um was handelt es sich bei der Verfärbung und was ist nun zu tun? Da hilft nur eines, ein Baudetektiv (Bausachverständiger) muss kommen. Mit seinem hochmodernen Equipment erweckt er einen fast futuristischen Eindruck – dabei handelt es sich nur um alle für die Bauforensik notwendigen Utensilien.

Inhaltsverzeichnis

Lupe und Pinzette waren gestern – moderne Grundausstattung der Bauforensik

Die erste Tatortbegehung ist entscheidend: Vorsicht ist geboten, um keine Spuren zu verwischen. Analog zur kriminalistischen Forensik kommen auch bei der Bauforensik Instrumente zur Kontrolle und Analyse von Flüssigkeiten zum Einsatz. Ausgestattet mit einer extra Filterbrille und bewaffnet mit einer speziellen Forensikkamera macht sich unser Bachsachverständiger auf den Weg. Noch ist unklar, was er genau in dem kürzlich sanierten Altbau finden wird. 

Nach der Begehung zeichnet der Baudetektiv, vormals Architekt in einem internationalen Büro, auf einem Grund- und Aufrissplan die betroffenen Stellen ein. Dank erster Fotoaufnahmen mit seiner Forensikkamera hat er bereits eine Vermutung, wer der Übeltäter sein könnte: Wasserschaden mit Schimmelpilzbildung. Nun denn, wie geht es weiter? Jetzt werden die größeren Geschütze aufgefahren. Mithilfe seiner Assistenten werden sog. Tatortlampen in die befallenen Räume gebracht. Durch kurzwelliges fluoreszierendes Licht wird nun erstmals das ganze Ausmaß des Schadens sichtbar: Beginnend in der Nordecke des 60 Quadratmeter großen Raumes breitet sich ein dunkler Fleck über ein Drittel der Decke aus. An manchen Stellen kam es bereits zum Abbröckeln der Deckenfarbe und bei genauerem Betrachten zeigt sich bereits an vielen Stellen ein schwarz-grüner Schimmelbefall. 

→ Glück war bei der Spurensicherung diesmal aber auch dabei. Denn wäre der Schimmel überstrichen worden oder würde es sich um einen unpigmentierten Schimmelpilz handeln, müssten weitere Maßnahmen ergriffen werden.

Der Bauforensiker ist sich auf den ersten Blick nicht sicher: Sind noch andere fluoreszierende Partikel zu erkennen?

Die Erfahrung des Bausachverständigen sagt ihm zwar, dass es sich ausschließlich um Schimmelpilz handelt, aber Vertrauen ist gut, Kontrolle in der Bauforensik aber ein Muss. So steht als nächster Schritt die Spurensicherung an – mit Mundschutz, Spachtel und Reagenzglas; die entnommene Probe kommt anschließend ins Labor. 

Aber der Tatvorgang ist noch nicht ausreichend rekonstruiert – wer ist verantwortlich für den Wasserschaden? Ein Rohrbruch kann eigentlich ausgeschlossen werden, da der Bauforensiker bereits anhand des unterschiedlichen Feuchtigkeitsgrades innerhalb der Deckenabschnitte einen zeitlichen Rahmen für die Ausbreitung des Schadens feststellen konnte. Zusätzlich sagte ihm ein Blick auf den Wasserzähler, dass keine Leitung im Gebäude ungewünschte Flüssigkeit von sich gibt.

© whitestorm – stock.adobe.com

Aber irgendwie muss die Feuchtigkeit ja in die Decke gekommen sein. Bei einer kurzen Umrundung des Gebäudes ist der Täter dann aber ziemlich schnell gefunden: Ein Dachziegel ist im unteren Bereich abgebrochen und gibt Regenwasser somit eine Chance, in den Dachstuhl, das Gebälk und letztendlich in die untersuchte Decke einzudringen. Das hieße aber, dass die Zimmerdecke mit Schimmelbefall nur die Spitze des Eisbergs darstellt und mit ziemlicher Sicherheit weitere Bauteile beschädigt wurden. 

→ Der Baudetektive forscht weiter und kann schließlich seine Untersuchungsergebnisse in einem Gutachten zusammenfassen.

Das bauforensische Gutachten – nun ist alles klar

Mittlerweile sind auch die Ergebnisse aus dem Labor eingetroffen. Neben dem bereits vermuteten Blau- und Grauschimmel enthält das ins Mauerwerk eingedrungene säuerliche Regenwasser auch Mikroskopische Bestandteile der Dachbeschichtung. Das bestätigt die bisherige Rekonstruktion des Tathergangs: Das in den 1950er Jahren erbaute Gebäude wurde zwar bereits in den 80er Jahren das erste Mal saniert, dabei fand aber laut den Unterlagen keine Erneuerung des Dachs statt. Dennoch wurde an manchen Stellen der Dachbedeckung mit teerhaltiger Beschichtung versucht zu isolieren. Das ging scheinbar auch jahrzehntelang gut, bis aufgrund einer vermeintlichen Kombination aus kontinuierlicher Abnutzung und einem extremen Wettereignis ein Dachziegel gesprungen und letztlich gebrochen ist.

Anschließend blieb der Schaden über mehrere Monate hinweg unerkannt. Das führte vor allem in den niederschlagsreichen Jahreszeiten zum kontinuierlichen Wassereinfluss in den Dachstuhl und die darunterliegende Bauwerksteile. 

→ Insgesamt ergaben die Untersuchungen jedoch, dass glücklicherweise kein tragendes Bauteil beschädigt wurde. 

Dieser Befund muss, bevor die ersten Sanierungsmaßnahmen ergriffen werden können, noch an die verantwortlichen Personen weitergegeben werden. Dabei hält sich der Bausachverständige ausschließlich an die Fakten – Vermutungen haben hier keinen Platz.

Auch der sensible Umgang mit den Angehörigen gehört zur Bauforensik

Wer überbringt nun dem Gebäudebetreiber und/oder Eigentümer die schlechten Nachrichten, dass die Bauforensik ergeben hat, dass der Schaden weit größer als ursprünglich vermutet war. Nun grundsätzlich reicht ein Gutachten samt Schadensursache, Hergangsbeschreibung, Schadensprofil und Sanierungsmaßnahmen aus. Das ist für unseren Baudetektiv aber nicht gut genug, er will die schlechten Nachrichten persönlich überbringen und direkt für Rücksprachen zur Verfügung stehen. So kann er die Betroffenen beruhigen, dass in diesem Fall die meisten Schäden von der Gebäudeversicherung gedeckt werden.

Alles fast nie neu

Das Gutachten wurde erstellt und mit den verantwortlichen Personen besprochen. In der Folge hat der Bauforensiker bereits eine Leistungsplanung vorbereitet, die nun auch durch den Eigentümer in Auftrag gegeben wurde; um dem großflächigen Schadensbild gerecht zu werden, kam es zu folgenden Sanierungsmaßnahmen:

Im Raum selber wurden Ventilatoren und Bautrockner sowie Wärmelampen aufgestellt, anschließend der Schimmelpilz nach professioneller Behandlung entfernt. Nach 4 bis 6 Wochen und erneuter hygroskopischer Untersuchung konnte die Decke wieder gestrichen werden. Die Zellulosedämmung des Dachstuhls hingegen musste komplett entfernt und erneuert werden. 

Im Rahmen der Besichtigung des Lecks im Dach wurden weitere potenzielle Schadensherde entdeckt und es fand eine großflächige Schindelerneuerung statt. Der Bausachverständige, der ursprünglich das bauforensische Gutachten erstellt hat, begleitete das Projekt bis zum Ende hin mit.

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Minimalinvasiv, umfassend und schnell: ein Fazit über die Bauforensik

Die Forensik zieht ihre Kreise: ganz gleich, ob es sich um digitale, kriminalistische oder bauliche Forensik handelt. Eine akribisch wissenschaftliche Spurensuche und -sicherung hilft, Schadensursachen und die Täter herauszufinden. Die Bauforensik an sich steht dabei oft vor dem Problem, das äußerlich alles in Ordnung zu sein scheint, hinter der Fassade des Gebäudes aber häufig ein Tatort schlummert. Dank modernster Techniken profitiert die Bauforensik von beispielsweise Wärmebildkameras (Elektrothermografie), UV-Wellen-Technologie sowie Blaulichtstrahlern und ist dabei minimalinvasiv und schnell einsetzbar.

→ Möglichkeiten gibt es derweil viele für die Ursachen eines Bauschadens: unzureichendes Mängelmanagement am Bau, zu starke Einsparungen im Bauablauf (Lean Construction Management), unsachgemäße Ausführungen (auch und vor allem bei Sanierungen bereits erkannter Schäden) etc.

In dem hier besprochenen Fall wäre eine Schadensermittlung ohne Bauforensik wohl kaum denkbar gewesen, womöglich wäre die eigentliche Ursache unentdeckt geblieben und hätte zu einem noch ausgeprägteren Schadensbild führen können.

Insbesondere, wenn es sich um die Feuchtigkeit bei Altbauten handelt, muss so einiges beachtet werden. Mit Handlungsanleitungen und Praxistipps ist „der bauschaden Spezial Feuchteschutz in der Altbausanierung“ ein beinahe notwendiges Hilfsmittel, um Bauschäden umfassend vorzubeugen oder diese schnell und fachgerecht zu beheben.

der bauschaden

Fachzeitschrift zur technischen und rechtlichen Beurteilung, wirtschaftlichen Sanierung und dauerhaften Vermeidung von Bauschäden.

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