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Überschwemmungsschutz – Schutzmaßnahmen gegen Überflutung und Hochwasser

Die Unwetter-Katastrophe Ende Juli 2021 forderte mehr als 180 Menschenleben und machte wieder einmal deutlich, welche Zerstörungskraft Extremwetterereignisse haben können. Zwar handelte es sich bei der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen und Bayern um ein „Jahrhundertereignis“, aber Überschwemmungen gehören generell zu den häufigsten wetterbedingten Beschädigungen in der Baubranche. Überschwemmungsschutz, Starkregen- und Regenwassermanagement versuchen Grundstücke und Bauwerke vor entsprechenden Schäden zu schützen. Was Planer, Architekten und Bauherren über geeignete Maßnahmen des Überschwemmungsschutzes wissen sollten, finden Sie im folgenden Fachbeitrag.

Inhaltsverzeichnis

Was gibt es für Hochwasserschutzmaßnahmen?

Überschwemmungsschutz, Flutschutz und Hochwasserschutz befassen sich alle mit denselben Schutzzielen. Sie umfassen vorbeugende (passive) und aktive Schutzmaßnahmen, die eine Überschwemmung verhindern oder beheben. 

Überschwemmungsschutz kann grundsätzlich aber nur durch das Zusammenspiel von privaten und öffentlichen Stellen erreicht werden: der örtliche Entwässerungsbetrieb und die Wasserwirtschaft müssen dabei ebenso auf extreme Wettereignisse vorbereitet sein wie der Objektschutz durch die Eigentümer.

 

Umwelteinflüsse und Naturkatastrophen

Überschwemmungen und Sturzfluten, die in Folge von Starkregen auftreten, Stellen eine große Gefahr für Gebäude und Grundstücke dar – neben sehr hohen Sachschäden werden oft Personen in Mitleidenschaft gezogen. 

Aber auch Flüsse, das Meer (Sturmflut) oder die Schneeschmelze können Verursacher von Überschwemmungen sein. Laut Vorhersage des Deutschen Wetterdienst (DWD) werden aufgrund des fortschreitenden Klimawandels in den kommenden Jahrzehnten vermehrt extreme Wetterphänomenen auftreten – ein trauriges Beispiel hierfür ist die bereits angesprochene Flutkatastrophe im Sommer 2021 gewesen. 

Bereits jetzt findet eine Verschiebung der Niederschlagsmengen statt: konkret heißt das, dass bislang niederschlagsarme geografische Gegenden mehr Regenwasser aufnehmen müssen, als bisher nötig. Das stellt vor allem die regionale Baubranche vor die Aufgabe, mit höheren Grundwasserspiegeln, mehr Niederschlagswasser und Hochwasservorkommen umzugehen. Das kann eigentlich nur durch unterschiedliche Maßnahmen des Überschwemmungsschutzes erreicht werden.

„Better safe than sorry“ – das A und O des Überschwemmungsschutzes

Um die passende Schutzmaßnahmen für die eigenen Unternehmensgebäude ergreifen zu können, sollte eine zuvor umfangreiche Gefährdungsbeurteilung stattfinden: unterschiedliche Gebäude und Gelände stellen unterschiedliche Anforderungen an den Überschwemmungsschutz. Dementsprechend sind einige Schutzmaßnahmen geeigneter als andere. Üblicherweise wird bei Neubauten und Umbauten auf Maßnahmen des baulichen Überschwemmungsschutzes zurückgegriffen.

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Baulicher Überschwemmungsschutz

Neben Rückstauventilen (DIN EN 12056) sind Sperren und Schwellen vor Gebäudeöffnungen die effizientesten Methoden, um eine Überflutung oder (Rück-)Stauung zu vermeiden. Im Kombination mit einer dezentralen Regenwassernutzung (Regenwassermanagement) lässt sich so nicht nur das Risiko einer Überschwemmung im Starkregelfall minimieren, sondern gleichzeitig ein Nutzen daraus ziehen (Grauwassernutzung, Bewässerungsanlagen, Nebenkostensenkung).

Bauwerksabdichtung, Dränage und Co. sorgen nicht nur für einen Schutz vor anstehendem Wasser (Grundwasser oder zeitweiligem Sicker-Schichtenwasser), sondern auch in Extremfällen.

Überflutungsvorsorge

Ziel eines baulich-vorbeugenden Überflutungsschutzes ist es, Wassermassen vom Gebäude fernzuhalten. Das kann anhand unterschiedlicher Maßnahmen erreicht werden:

  • Gebäudeentwässerung
  • Versickerungsanlagen
  • Gebäudeabdichtung
  • Wasserumleitung
  • Flächendränage

Gebäudeentwässerung

Zwar umfasst die Gebäudeentwässerung auch die Schmutzwasserentwässerung, thematisch behandelt dieser Artikel aber ausschließlich die Regenentwässerung, die Dach- und Flächenentwässerung umfasst.

Für den Bau und den Betrieb entsprechender Entwässerungsanlagen gelten folgende Normen und Richtlinien:

DIN 1986-3

DIN 1986-4

DIN 1986-30

DIN 1986-100

DIN EN 13508-1/2

DIN EN 14654-1

DIN EN 12050-4

 

Niederschlagswasser kann innerhalb oder außerhalb des Gebäudes durch Dachflächen und –rinnen, Abläufen und Leitungssystem sowie Grundstücksflächen abgeführt werden. Dabei wird zwischen der Freispiegelentwässerung und der Druckströmung unterschieden – was von meistens von der architektonischen Beschaffenheit des Bauwerks abhängt.

Bei einer Freispiegelentwässerung wird sich das Gefälle mehrerer Fallleitungen in Bezug auf die vertikale Grundleitung und somit die Schwerkraft zu Nutze gemacht. Im Gegensatz dazu besteht ein Druckströmungsystem über ein Rohrsystem, dass die unterschiedlichen Abflüsse miteinander verbindet und gesammelt abgeleitet wird. Eine derartige Konstruktion lässt in der Sammelleitung Unterdruck entstehen, der die Fließgeschwindigkeit erhöht.

Gebäudeentwässerungsanlagen alleine reichen nicht aus, um mit größeren Wassermassen fertig zu werden. Häufig wird deshalb eine Versickerungsanlage mitangelegt.

Versickerungsanlage

Für den Überschwemmungsschutz eignen sich leistungsfähige Versickerungsanlagen, die auf eine dezentrale Retention zurückgreifen. Das schließt meistens Anlagen wie Mulden- und Schachtsysteme sowie Dachbegrünungen etc. aus (u.a. größenabhängig).

Im Fokus stehen dafür meist Mulden-Rigolen-Systeme, die entweder auf eine Blockbauweise oder Tunnel zurückgreifen. Für entsprechende Rohrigolen oder Füllkörperrigolen gelten die DWA-A 138 und DWA-M 153. Wichtig sind bei jedweder Art von dezentraler Wasserrückhaltung die Grundwassernutzungsrichtlinien, da das Regenwasser zeitversetzt in Grundwasser eingeleitet wird.

Rigolen-Block-System

Der Rigolen-Block, auch Füllkörper genannt, besteht aus netzartig-kubischen Kammern, die das Niederschlags- oder Stauwasser dezentral (meist unterirdisch) sammeln und die Abflussgeschwindigkeit bestimmen, wodurch sich punktuelle Überschwemmungen vermeiden lassen. 

Jedoch hängt der Überschwemmungsschutz durch Rigolen-Systeme bei Starkregen oder extremen Wetterereignissen von der Größe der jeweiligen Anlage ab. So existieren beispielsweise Füllkörper mit einem Volumen von bis zu 5.000 Liter, aber eben auch nur bis 200 Liter.

Die meisten Rigolen-Block-Systeme sollten eine Mindest-Einbautiefe von 80 Zentimetern unterhalb der Erdoberfläche und einem Abstand von mehr als einen Meter über dem Grundwasserspiegel aufweisen und bestehen meistens aus mehr als 10 Füllkörper. Wie viele Module benötigt werden, kann anhand des Flächenneigungsgrad und des Abflussbeiwerts berechnet werden.

Wichtig sind bei Füllkörper aus Kunststoff, die keine natürliche Filterschicht wie Kies aufweisen, leistungsstarke Filter einzubauen, die das Verschlacken der Anlage vermeiden.

Es muss jedoch gesagt werden, dass Rigolensysteme zwar bei Starkregen-Events ein entsprechend hohes Maß an Überflutungsschutz mitbringen. Bei Flusshochwasser jedoch schnell überfüllt sind und eine Überschwemmung nur verlangsamen. Nichtsdestotrotz ist es in vielen Fällen gerade diese Verlangsamung, die es Einsatzkräften ermöglicht, Sach- und Personenschäden zu vermeiden.

Gebäudeabdichtung

Eine effektive Bauwerksabdichtung schützt das Gebäude nicht nur vor Durchfeuchtung durch anstehendes Sicker- oder Schichtenwasser, sondern auch vor dem Einfluss von alkalischen oder sauren Böden.

Besonders tückisch ist bei Bauwerken das sog. Grundhochwasser, dass in Folge von starken Regenfällen auch Wochen später noch zur Überschwemmung unterirdischer Bausubstanz führen kann. 

Das gestiegene Grundwasser erhöht den Druck auf die Bodenplatte und Kellerwände, was zu statischen Beeinträchtigungen führen kann. Dringt die Feuchtigkeit in das Mauerwerk ein folgen Schimmelbildung und Destabilisierung. Auch kann anhand von undichten Stellen Niederschlags-, Schichten-, und Hochwasser in die Räumlichkeiten gelangen und großen Schaden anrichten.

Um derartigen Schäden von Anfang an entgegen zu wirken, geben die DIN 18533 (Abdichtung erdberührter Bauteile) und die DIN 18535 (Behälter und Becken) Richtlinien und 

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Kellerabdichtung

Ob Unternehmensgebäude, Industrieanlage oder Privathaus – besonders im europäischen Raum ist eine Unterkellerung üblich. Meistens befinden sich dort Anlagen der Haustechnik, die besonders für Überschwemmung geschützt werden sollten.

Schwarz, weiß oder braun?

(Durch eine schwarze Wanne lässt sich bereits ein hohes Maß an Überflutungsschutz erreichen. © Kara – stock.adobe.com)

Für den Überschwemmungsschutz gibt es drei unterschiedliche Wannentypen, die Kellerräume vor Überflutung schützen: bei der schwarzen Wanne finde eine Versiegelung der Außenwände unterhalb der Geländeoberkante statt. Dazu wird ein Erdölerzeugnis wie Kunststoff, Bitumen oder Elastomer verwendet, dass der Wanne ihre charakteristische schwarze Farbe gibt. 

Unterschieden wird je nach Anforderungen: entweder werden Abdichtungsbahnen gezogen oder ein rudimentärer Anstrich verwendet. Letzterer sollte nur bei geringerer Belastung in Betracht gezogen werden.

Bei einer weißen Wanne wird das Fundament und die Kellerwände aus wasserfestem Stahlbeton (WU-Beton) angefertigt. Knackpunkt ist hierbei die Verfugung, um ein Eindringen von Wasser zu verhindern und umfänglichen Überflutungsschutz zu gewährleisten.

Die braune Wanne kombiniert die Verwendung von WU-Beton und flächendeckendem Dichtmaterial. Durch die Verwendung von sog, geotextilen Matten, die sich im Kontakt mit Wasser ausdehnen, werden etwaige Risse im Mauerwerk verschlossen und somit das Eindringen von Feuchtigkeit und Wasser verhindert.

Wasserumleitung und Wasserrückhaltung

Bei Grundstücken allgemein sollte die DIN EN 1986-100 (Überflutungsschutz auf dem Grundstück) beachtet werden. Bei öffentlichen Stellen gelten zusätzlich die DIN EN 752, DWA A 118 und DWA M 119 (Kommunales Starkregenmanagement).

Wasserumleitungen oder Retentionsmaßnahmen können sehr unterschiedlich aussehen und gezielt an die Bedürfnisse des eigenen Bauwerks und die geografischen und örtlichen Bedingungen angepasst werden. Zu ihnen gehören u.a.:

Hausanschlussschächte

Hebeanlagen

Hochwasserschutzwände

Aluminium-Barrieren (z.B. Türsperren)

Absperrkugeln

Pumpensysteme

(Koffer-)Dämme/ Deiche

Rückhaltebecken (Flutpolder)

Bauwerksschwellen

Fazit – überschwemmungssichere Bauwerke und Grundstücke

Um Gebäude und Gelände überschwemmungssicher zu machen, reicht nicht eine Überschwemmungsschutzmaßnahme, sondern nur eine Kombination aus den o.g. Möglichkeiten. Was soll wo gebaut werden: die dafür ausschlaggebenden Faktoren sollten die geografischen und architektonischen Bedingungen sein. 

In Gefahrengebieten (Flussnähe o.Ä.) sollten Maßnahmen des aktiven und passiven Überschwemmungsschutzes durchgeführt werden. Eine Kombination aus Gebäudeentwässerung, Versickerungsanlage, Regenwassernutzungsanlage und Bauwerksschwellen und Barrieren liefert bereits ein hohes Maß an Objektschutz.