Geniale Kombination
Das Solar-Gründach schützt und nützt
Rund 50% der Flächen aller Siedlungsgebiete in Deutschland sind versiegelt. Damit bildet Deutschland zusammen mit seinen Nachbarländern im Westen die traurige Spitze in Europa. In Zeiten der Klimakrise stellt diese dichte Bebauung ein enormes Risiko dar: Versiegelte Flächen nehmen bei Starkregen zu wenig Wasser auf, es kommt zu Überschwemmungen und Tiere verlieren ihren Lebensraum.
Daher setzen Stadtplaner und Architekten inzwischen auf Gebäudebegrünung: Das Gründach liegt im Trend, denn es kann Wasser speichern und bietet Insekten ein Zuhause. Gleichzeitig sollen jedoch CO2-Emissionen sinken und die Unabhängigkeit von fossiler Energie steigen. Photovoltaik-Anlagen boomen. Der Platz auf den Flachdächern der Städte ist somit zu einer begehrten Fläche geworden. Lesen Sie hier, ob Dachbegrünungen und Solaranlagen in Konkurrenz zueinander stehen oder ob das Solar-Gründach nicht sogar eine perfekte Symbiose darstellt.
Inhaltsverzeichnis
Gründächer – Ein Erfolg für die Biodiversität
Dachbegrünungen haben über viele Jahre hinweg ein Nischendasein geführt: Zu groß schienen Kosten und Aufwand, zu gering der Nutzen. Heute sind sie jedoch aus dem ökologischen Gebäudebau nicht mehr wegzudenken und das völlig zu Recht! Sie bieten viele Vorteile sowohl für das Gebäude selbst als auch für dessen direkte Umgebung.
In urbanen Milieus, wo die Artenvielfalt unter der dichten Bebauung und der Versiegelung der Flächen stark leidet, wird das Gründach zu einem kleinen Biotop, das vielen Insekten einen Lebensraum bietet. Denkbar ist je nach Gestaltung der Dachbegrünung zudem ein begehbarer Dachgarten, der auch Menschen, Säugetieren und Vögeln einen Rückzugsort dient. Zudem verbessern Pflanzen lokal das Mikroklima, indem sie die Lufttemperatur durch Verdunstung abkühlen und Schadstoffpartikel aus der Luft filtern.
Gleichzeitig schützt Dachbegrünung auch das Dach selbst. Durch die isolierende Schicht wird das Dach vor starken Temperaturschwankungen geschützt, was sich nicht nur positiv auf die Lebensdauert der verwendeten Materialien, sondern auch auf den Ertrag einer Photovoltaikanlage auswirken kann.
Intelligentes Regenwassermanagement
Zudem stellt ein Gründach bereits einen echten Vorteil für das Regenwassermanagement dar. Es kann bis zu 50% des Regenwassers aufnehmen, speichern und langsam durch Verdunstung in die Atmosphäre zurückführen. Dadurch werden die negativen Folgen eines plötzlichen Starkregenereignisses deutlich abgemildert und die Kanalisation entlastet.
Photovoltaik – Ein Vorteil in der Energiewende
Der menschengemachte Klimawandel mit seinen Folgen, stark steigende Stromkosten, explodierende Benzinpreise sind gute Gründe für eine PV-Anlage. Mit Solaranlagen können Privatpersonen ihren eigenen ökologischen Strom aus erneuerbaren Energien produzieren und für sich nutzen. Sie tragen somit durch die gute Ökobilanz entscheidend dazu bei, den CO2-Ausstoß zu reduzieren und die Energiewende zu forcieren.
Und dabei sparen sie auch noch Geld! Die Kosten für eine Kilowattstunde selbst produzierten Strom sind langfristig betrachtet wesentlich geringer als für den herkömmlichen Strom vom Energieversorger. Durchschnittlich amortisiert sich eine Photovoltaik-Anlage nach ca. 10-15 Jahren in Betrieb bei einer Betriebsdauer von bis zu 30 Jahren für hochwertige Produkte. Wird mit dem selbst erzeugten Strom auch das eigene Elektro-Auto betankt, fällt die Bilanz noch besser aus.
Solar-Gründach: Ein Synergie-Erfolg
Obwohl sich sowohl Gründächer als auch Solaranlagen positiv auf die Klimabilanz und die Nachhaltigkeit eines Gebäudes auswirken, waren Planer, Architekten und Bauherren lange Zeit skeptisch hinsichtlich der Kombination der beiden Systeme. Wie sich zeigen wird, sind die Zweifel jedoch unbegründet, denn ein Solar-Gründach vereint Klimaschutz, Stromerzeugung, Biodiversität, Regenwassermanagement und Witterungsschutz in sich.
Ertragssteigerung durch Dachbegrünung
Es gibt mehrere Faktoren, die zu einer Ertragsminderung von Photovoltaikanlagen führen können. Einer davon ist die Umgebungstemperatur und damit einhergehend die Oberflächentemperatur der Solaranlagen selbst. An warmen und sonnigen Sommertagen können sich PV-Module auf bis zu 90°C aufheizen, was in einer Leistungsminderung um bis zu 25% resultieren kann. Dächer, die mit Bitumen, dunklen Platten oder Kies beschichtet sind, verstärken diesen Effekt, da sie sich bei Sonnenstrahlung auf bis zu 70°C aufheizen.
Gründächer dagegen werden selten wärmer als ihre Umgebung, da Pflanzen zwei sehr vorteilhafte Eigenschaften besitzen. Zum einen reflektieren sie mehr Sonnenstrahlen anstatt sie zu absorbieren, wodurch sie sich wesentlich weniger stark erhitzen als Bitumen oder Kies. Zum anderen senken sie ihre Umgebungstemperatur durch Verdunstungskälte ab. Durch die kühlere Dachoberfläche erhitzen sich auch die Solaranlagen weniger stark. Daher ist die Leistung von PV-Anlagen auf Gründächern im Sommer um bis zu 17% höher als bei vergleichbaren Anlagen auf herkömmlichen Dächern.
Vermeidung von Punktlasten
Ein weiterer Vorteil ergibt sich bereits in der Planung Solar-Gründächern. Bei der herkömmlichen Montage von Photovoltaikanlagen mit Auflastsystemen werden Trägerplatten auf ein Flachdach gestellt und dann mit Kies oder Beton beschwert, um sie zu fixieren und die Konstruktion vor Windsog zu schützen. Dadurch entsteht eine hohe Punktbelastung auf einzelnen Stellen des Daches. Bei einem Solar-Gründach fungiert die Substratschicht des Gründachs als Auflast, wodurch das Dach gleichmäßig belastet wird.
Planung von Solar-Gründächern
Generell stellen Solar-Gründächer einige Anforderungen an die bauphysischen Eigenschaften eines Gebäudes. Aufgrund ihrer Beschaffenheit sind herkömmliche Systeme nur für Flachdächer mit einem Neigungswinkel von maximal 5 Grad geeignet, womit einem Abrutschen der Konstruktion verhindert wird.
Essentiell ist zudem auch die Tragfähigkeit der Baukonstruktion. Die Flächenlast einer Dachbegrünung variiert in Abhängigkeit der gewählten Variante und der Vegetation zwar stark, ist jedoch mindestens bei 100kg/m² anzusiedeln. Da allerdings auch Belastungen von 250kg/m² bei Gründächern keineswegs eine Seltenheit sind, sollten Sie sich hier von einer erfahrenen Firma beraten lassen. Für die Photovoltaik-Anlagen müssen zusätzlich zur Begrünungsschicht noch einmal rund 30kg/m² einkalkuliert werden. Hier sollte auch auf die Tragfähigkeit der Wärmedämmung geachtet werden.
Welche Arten von Dachbegrünung gibt es?
Bei der Begrünung von Dächern unterscheidet man zwischen extensiver und intensiver Dachbegrünung.
Extensiv begrünte Dächer sind üblicherweise nur zu Instandhaltungszwecken begehbar. Es handelt sich dabei um eine geschlossene Vegetationsdecke aus Moos, niedrigwachsenden Gräsern und verschiedenen Sedum-Arten. Der Pflegeaufwand ist sehr gering.
Intensiv begrünte Dächer dagegen ähneln eher Dachgärten. Der Bewuchs erinnert an freie Flächen und kann aus allen möglichen Gräsern, Blumen, Büschen oder sogar Bäumen bestehen. Menschen und Tiere können diese Dächer ähnliche wie normale Gärten nutzen. Der Anspruch an die Tragfähigkeit des Gebäudes und die Bauphysik ist hier enorm hoch, der Pflegeaufwand ebenfalls.
Welche Dachbegrünung eignet sich für ein Solardach?
Die Frage danach, welche Art der Dachbegrünung für ein Solar-Gründach besser geeignet ist, kann nicht pauschal beantwortet werden. Sie hängt vom Gebäude, den Vorstellungen des Eigentümers und der intendierten Nutzung ab. Möglich sind beide Arten der Begrünung.
Unkomplizierte Symbiose – Solaranlage und extensive Begrünung
Extensive Begrünung benötigt wesentlich weniger Pflege und Planung als intensive Begrünung. Aufgrund des niedrigen Bewuchses, können die Solarmodule mit entsprechend wenig Abstand zum Boden angebracht werden, ohne dass die Pflanzen die Solarmodule verschatten und daher regelmäßig geschnitten werden müssen. Gleichzeitig vertragen sie auch die Verschattung durch die Photovoltaikanlagen besser.
Gewinn mit Planungsaufwand – Solaranlage und intensive Begrünung
Bei intensiver Begrünung ist zwar der Planungs- und Kostenaufwand deutlich höher, aber dafür sind die Gestaltungsmöglichkeiten vielseitiger. Häufig reicht eine Verankerung der Photovoltaikmodule durch Auflast der Vegetationsschicht hier nicht aus, da die Module mit einem größeren Abstand zum Boden angebracht werden müssen und somit dem Windsog erheblich stärker ausgesetzt sind. Damit wird unter Umständen – aber nicht zwingend – eine Dachdurchdringung notwendig. Zudem müssen Ort und Art der Bepflanzung genau geplant werden, damit die Pflanzen die Photovoltaikanlage nicht verschatten oder ihrerseits von ihr verschattet werden und absterben.
Denkbar ist bei einer Nutzung des Daches als Garten auch, die Solarpanele als Gestaltungselemente der Baukonstruktion zu verwenden. Hier bietet sich z.B. der Bau einer Pergola mit Solardach an.
Ohne Gründach sind Solaranlagen weniger effektiv
Wer Schwierigkeiten bei der Planung und Umsetzung umgehen möchte, kann Dachbegrünung und Photovoltaikanlagen auch trennen. So kann ein Teil des Daches zur Stromgewinnung genutzt werden und ein Teil des Daches zur Begrünung. Die wertvollen Synergie-Effekte gehen dabei jedoch verloren.
Süden, Osten, Westen – Wohin wird die Photovoltaikanlage ausgerichtet?
Solarmodule werden auf Gründächern meist klassisch nach Süden oder nach Osten und Westen ausgerichtet, um den maximal möglichen Ertrag zu garantieren. Bei nach Süden ausgerichteten Anlagen ist der Ertrag pro Modul am höchsten, da hier die Sonneneinstrahlung am intensivsten ist. Allerdings müssen hier je nach Neigungswinkel zum Teile hohe Abstände zwischen den Modulen eingehalten werden, damit sie sich nicht gegenseitig verschatten und somit weniger Ertrag liefern. Der Neigungswinkel fällt bei der Ausrichtung nach Süden häufig steiler aus – in Extremfällen kann er bis zu 55 Grad betragen. Üblicher sind jedoch Werte zwischen 10 und 30 Grad.
Alternativ bietet sich eine Ost-West-Ausrichtung an. Dabei werden die Module alternierend nach Osten und Westen ausgerichtet und direkt nebeneinander platziert. Zwar ist die Ausbeute pro Modul hier geringer, aber dadurch, dass mehr Module aufgestellt werden können, kann der Gesamtertrag höher ausfallen als bei einer Ausrichtung nach Süden. Zudem ist die Stromgewinnung gleichmäßiger über den Tag verteilt als bei einer Ausrichtung nach Süden. Bei Gründächern wird zwischen den einzelnen Ost-West-Paaren rund 80cm Platz gelassen, damit die Dachbegrünung nicht komplett im Schatten liegt und abstirbt. Der Neigungswinkel liegt hier üblicherweise zwischen 10 und 15 Grad.
Moderne Systemlösungen für Solar-Gründächer
Inzwischen haben sich aufgrund der steigenden Nachfrage einige Anbieter bereits auf Systemlösungen für Solar-Gründächer spezialisiert und bieten für die extensive Dachbegrünung eigens entwickelte Module an. Diese verfügen häufig über eine auflastgehaltene Solaraufständerung, deren Basis eine Bodenplatte aus Aluminium oder Kunststoff ist, auf welche die Dränelemente aufgebracht werden. Danach werden die Elemente durch eine Auflast aus Pflanzsubstrat fixiert. Aufgrund der Spezialisierung der Systeme durch eigens entwickelte Montageschienen ist eine schnelle und unkomplizierte Montage durch einen Fachbetrieb möglich.
Wer baut Solar-Gründächer?
Da für Planung und Ausführung eines Solar-Gründachs ein breit gefächertes Wissen zur Montage, Photovoltaikanlagen, Elektrik, Dachkonstruktion und GaLa-Bau gefragt ist, sollte das Projekt in die Hände eines Expertenteams gelegt werden. Wenden Sie sich mit Ihren Ideen an Ihre lokalen Handwerksbetriebe oder beauftragen Sie direkt eine Solarfachfirma.
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Zur Suche im BAU-IndexFazit
Die Synergie-Effekte bei Solar-Gründächern sind unschätzbar wertvoll. Gründächer tragen zu einem sinnvollen Regenwassermanagement bei, steigern die Biodiversität und verbessern das Klima in ihrer direkten Umgebung. Photovoltaikanlage produzieren grünen Strom und verbessern durch den geringeren CO2-Ausstoß die Klimabilanz des Gebäudes. Durch eine Kombination beider Systeme erhöht sich der Wirkungsgrad der Photovoltaikanlagen, während diese das Regenwasser zur Bewässerung der Vegetation intelligent leiten können. Durch diese intelligente Mehrfachnutzung einer sonst brachliegenden Fläche wie einem Flachdach profitieren Menschen, Umwelt und Klima. Ein geniales Konzept!
Quellen:
- https://www.erneuerbareenergien.de/solar/neue-studie-solaranlagen-auf-gruendaechern-sind-effizienter
- https://www.regenwasseragentur.berlin/gruendach-solar/
- https://www.bundesbaublatt.de/artikel/bbb_2010-03_Gruendach_und_Solar_Energetisch_sinnvolle_Ergaenzung_851390.html
- https://www.ebz-stuttgart.de/index.php/2021/06/28/photovoltaik-auf-grundach-wie-kann-man-solartechnologie-und-dachbegrunung-kombinieren/
- https://solarcluster-bw.de/fileadmin/Dokumente/Downloads/web_solarcluster_FS_SolarGruendach_2105_RZ_Final.pdf
- https://www.solaranlage-ratgeber.de/photovoltaik/photovoltaik-planung/photovoltaik-vorteile-und-nachteile
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